
Abgebildet vlnr: Wirtschafts-Ingenieur, damals Student Firas Al-Younis und
Khalid Alaboud, Journalist, AMAL Berlin, heute Redakteur.
Die Syrische Reihe
Team Storytelling Arena
Hinter den Kulissen
Rachel Clarke, Bassam Dawood, Anis Hamdoun, Ihab Sukkariya
Auf der Bühne
Taghreed Dawas, Firas Alyounis, Khalid Alaboud, Rana Kalash, Nour Alawaad, Mohamad Wanli,
Bassam Dawood, Anis Hamdoun, u.a.
Tandem Storytelling Dolmetscher: innen
Firas Alyounis (Deutsch-Arabisch), Rachel Clarke (Deutsch, Englisch), Ihab Sukkariya u.a.
Wir bedanken uns herzlich bei all denjenigen,
die damals - wie wir - ehrenamtlich zur Storytelling Arena - Syrische Reihe beigetragen haben.
In der Syrischen Reihe, die von 2015 bis 2018 lief, erzählten mehr als 50 Menschen aus Syrien in rund 20 abendfüllenden Veranstaltungen von ihrem Alltag unter und jenseits der Diktatur, von der friedlichen Revolution in Syrien und ihre Folgen sowie von ihren Erfahrungen während des Einlebens in Deutschland. Unter der Anleitung der Dramaturgin und Produzentin Rachel Clarke, des Schauspielers und Hakawati Bassam Dawood und des Regisseurs Anis Hamdoun haben sie ihre Geschichten in szenische Erzählungen umgesetzt. Die Serie gastierte mehrfach in der Reithalle des Hans Otto Theaters in Potsdam. Dort hieß der Rahmen "Refugee Club". Die Storytelling Arena hat stets auf die Begriffe "Flüchtling" und "Geflüchtete" zur Beschreibung von Menschen verzichtet. Die Medien, die damals über die Syrische Reihe berichteten, verwendeten trotz unserer Hinweise immer wieder diese abwertende Bezeichnung - wie in ihrer sonstigen Berichterstattung.
In den ersten Folgen wurde das Thema Diktatur ausgeklammert. Für das arabischsprachige Publikum war es eine Atempause. Ein Feiern des Überlebens. Ein Ankommen in relativer Sicherheit. Fernab der Zerstörung konnte sich die syrische Kultur etwas entfalten. Die Neugier von kulturinteressierten Menschen auf die neuen Nachbar:innen war groß. Hier war ein Raum zum gegenseitigen Kennenlernen. Die Storytelling Arena, gegründet von der schottischen Geschichtenerzählerin Rachel Clarke, die in der Tradition des anti-elitären Community Theaters und des Ceilidhs in Glasgow aufgewachsen ist, war immer mehr als nur ein Erzählsalon, sie war ein Ort des Austausches - eine Bürgerbühne.
Das erste Programm „Berlin-Aleppo-Damaskus-Berlin“ erzählte von den schönen Seiten des urbanen Lebens vor dem Krieg in der alten Heimat. Über 5000 Menschen hatten sich über Facebook für die Veranstaltung angemeldet. Vor Ort wurde der Abend und das Format zum Dauerbrenner. Hier fanden Kulturschaffende eine Bühne neben Menschen mit unterschiedlichen Berufen und Studierenden, die der Krieg aus ihren Seminaren gerissen hatte. Anders als in den Medien wurden hier keine Fluchtgeschichten erzählt. Die Syrer:innen stellten sich freiwillig nie als Opfer dar.
Nachdem wir die Storytelling Arena als sicheren Ort etabliert hatten, thematisierten wir in "Homs und der Arabische Frühling" die brutale Reaktion des syrischen Regimes auf die friedlichen Demonstrationen. Regisseur und Autor Anis Hamdoun kuratierte und produzierte diese Episode und erzählte von den Ereignissen rund um den Uhrturm in Homs, wie er sie erlebte. Auch als Erzähler gelang es ihm, die jüngste Geschichte begreifbar zu machen, indem er Augenblick für Augenblick die heitere Situation der friedlichen Demonstranten schilderte, dann das Chaos nach dem Eintreffen der Granaten des Regimes und die Folgen.
Gemeinsam gestalteten wir das jeweilige Programm, so dass alle Geschichten zweisprachig Deutsch-Arabisch im Tandem erzählt wurden, oft mit Englisch als Arbeitssprache. Hier spielte der Student Firas Alyounis, der zu diesem Zeitpunkt gerade 16 Monate in Deutschland war und die Sprache bereits beherrschte, eine große Rolle.Der Hakawati und Schauspieler Bassam Dawood leistete zu Beginn der Reihe einen entscheidenden Beitrag. Er ko-kuratierte mehrere Abendprogramme und entwickelte mit dem Bürgerjournalisten Mohamad Wanli und dem Ensemble die epische Erzählung "Revolution gegen den Sohn", in der ein Sohn den Widerstand seines Vaters gegen das Regime von Hafez Al-Assad und seinen eigenen Widerstand gegen Hafez' Sohn Bashar erzählt und so 40 Jahre Gewaltherrschaft in Syrien nachvollziehbar macht.
Der junge Dichter Ihab Sukkariya, damals 17 Jahre alt, erzählte mehrere eigene epische Versgeschichten, arbeitete mehrere Jahre mit uns zusammen und leitete auch Erzählworkshops für Lehrer und andere Fachleute,
Der komödiantisch-tragische Abend „Homs und der Arabische Frühling“ feierte die Tage der friedlichen Revolution, die viel zu kurze Erfahrung von Freiheit und das daraus resultierende Aufblühen von Kunst und Theater in der drittgrößten Stadt Syriens.
Dabei war der Eintritt frei und alle Beteiligten arbeiteten ehrenamtlich. Die Nachfrage war groß, aber die Storytelling Arena war damals noch eine Initiative und hatte keine Förderung. So konnten wir verständlicherweise die professionellen Kolleg: innen auf Dauer nicht halten.
Veranstaltungsformate

Syrische Liebesgeschichten
Neuangekommene aus Syrien erzählen wahre Geschichten von der Liebe. Von der allumfassenden Liebe in der Damascener Luft, die schnell Fremde in Freunde verwandeln konnte. Von der Art der Liebe, die im Exil fern von Zuhause und der Familie entsteht - die schnell Freunde in Brüder verwandelt. Und zuletzt und vielleicht am Zärtlichsten: Die verstohlenen, vertrauten Momente der romantischen Liebe in einer von Tabus durchdrungenen Kultur.
Starke Syrische Frauen
Syrische Frauen erzählen Geschichten aus ihrem Leben vor und nach dem Krieg in Syrien. Rana Kalash erzählt davon, wie sie widrige Umstände überwunden hat, um Künstlerin zu werden, Rania Badri davon, warum aus einer Journalistin zu Kriegszeiten eine Musikerin wurde, Nour Al Asad teilt uns mit, wie die Revolution in Syrien zwei Freundinnen namens Nour für immer verändert hat und Politik- und Erziehungswissenschaftlerin Ghayad Alhashmy erzählt Anekdoten über Frauen in Syrien und im Exil, mit denen sie vieles gemeinsam hat.
Dieser Abend zeigt wie einige Syrische Frauen verschiedener Generationen sich sehen und definieren, und wie diese Frauen, die alle das Glück hatten, vom Krieg zerrissenen Land Syrien entfliehen zu können, es heute schaffen ein neues Leben im Exil für sich aufzubauen.
Foto: Abdul Rahman Mousa
Abgebildet:
Palestinensisch-Syrische Journalistin Taghreed Dawas


Homs & der Arabische Frühling
Es ist April 2011. Es ist Frühling. Es herrscht Aufbruchsstimmung. Inspiriert vom Arabischen Frühling in Tunesien und Ägypten gehen Menschen jeden Alters auf die Straßen. Zuerst in Daraa, und bald darauf in Homs, Syrien. Man will Bescheidenes: „Redefreiheit! Ein besseres Leben! Nur eine 8-Stunden-Schicht pro Tag!“. Das wollten sie seit Jahren: Öffentlich und friedlich gegen die Diktatur protestieren. Aber diejenigen, die das gewagt hatten, wurden verhaftet und landeten in den Gefängnissen des Geheimdienstes, wo sie gefoltert oder getötet wurden. Es war der Moment, den viele sich sehnlich herbeigewünscht hatten, in dem die Angst endlich besiegt wurde. Die Menschen gingen auf die Straße in großen Mengen, erst hier und dann in vielen anderen Städten.
Mit folgenden Storytellern aus Homs:
Anis Hamdoun (Regisseur, Autor)
Mohamad Wanli (Dichter, Autor)
Morad Aldeeb (Filmregisseur, Student)
Dolmetscher: Mohammed Koll
Moderation: Rachel Clarke
Abgebildet: Anis Hamdoun
Berlin, Aleppo, Damaskus, Berlin
An diesem Abend erzählen Storyteller und Musiker aus Syrien von ihrem Leben in der Heimat - in der Zeit vor dem Krieg: In Aleppo, der Stadt, die nie schlief, berühmt für seine feine, abwechslungsreiche Küche und Heimat des beliebten syrischen Chansons "Tarab" oder "Heiterkeit". Und in der ältestens Stadt der Welt, Damaskus mit seinem Wasser, das nach Paradies schmeckt und seinen großherzigen, redseligen Bewohnern, die unter Palmen in wunderschönen, uralten Cafe-Häusern ihre Shisha rauchen und Kardamom-Kaffee trinken.
Die Geschichten
Reds, Greens, Blues
Erste Liebe, Großstadt:
Kochen zu Ramadan als Mann
Foto: Rachel Clarke

Beispielprogramm
Syrien vor und nach 2011
Postkarten aus Damaskus - Ihab Sukkariya
Yarmouk Camp, Yarmouk Stadt - Taghreed Dawas
Revolution gegen den Sohn - Mohamad Wanli
Dolmetscher: Firas Alyounis, Amaliz Brenn
Dramaturgie - Rachel Clarke
Text, Dramaturgie, Revolution gegen den Sohn (40+ Jahre Diktatur) - Bassam Dawood
Video Lukas Majka
Ort: Theater im Delphi, Berlin
Gustaf Adolf Str. 2, 13086 Berlin